Ausstellung 1998
Acryl auf Leinwand
50 x 60 cm
Gedanklicher Hintergrund meiner Arbeit sind zwei höchst komplexe Informationssysteme, die in unerschiedlicher Weise aus zwei Mustern ein System bilden und zur Darstellung und Weitergabe ihrer Inhalte benützen: Das I GING, das altchinesische "Buch der Wandlungen" und die DNS, die Desoxyribonukleinsäure, das Trägersystem der Erbinformation der gesamten belebten Natur.
Das I GING, wörtlich das BUCH DER WANDLUNGEN, ist ein vor etwa 3000 Jahren in China entstandenes Buch. Seine Schöpfer beobachteten die Gestirne und Gezeiten, die Pflanzen und Tiere sowie die Gesetzmäßigkeiten von Naturereignissen. Zugleich erkannten sie regelmäßig wiederkehrende Beziehungsmuster in Familie und Gesellschaft, in Handel und Politik, in der Kriegsführung und in den ewig menschlichen Dramen von Liebe, Ehrgeiz, Konflikt und Ehre. Aus dem Kosmos der Erscheinungen bildeten sie einen Bedeutungskosmos von Symbolen, der in einer ganzheitlichen Weise die Bereiche sowohl kulturgeschichtlicher wie biologischer Wandlungen umfaßt, somit eine archaische Evolutionstherorie darstellt. Zur bildhaften Darstellung der Symbole wurde ein binäres System von 64 Hexagrammen entwickelt, die auf meinen Bildern dargestellt werden.
Das I GING wird seit seinem Entstehen auch als Orakelbuch verwendet Es gibt dabei verschiedene Methoden, ein Hexagramm aufzubauen, von der ursprünglichen, recht komplizierten Methode mit 50 Schafgarbenstengel, bis hin zur einfachsten mittels einer Münze. Schrift wird einer durchbrochenen Linie (YIN) zugeordnet die Zahl der ganzen Linie (YANG).
Die Münze wird geworfen und von unten nach oben werden die Linien übereinandergestellt bis ein Hexagramm entstanden ist. Die jeweilige Zufallsentscheidung des Orakels (die "Wandlung") hat dabei die Funktion des "Einfalls", der die lebendige Seele des sich im Sprachspiel bewegenden Erkenntnisprozesses ist. Den Bildern werden die entsprechende Texte (in der Kurzform von R.L.Wing) beigefügt. Für die Erlaubnis zur Verwendung dieser Texte bedanke ich mich bei ausdrücklich beim Eugen Diederichs Verlag Düsseldorf-Köln Nicht weniger faszinierend ist das zweite System, das durch 64 Hexagrammen dargestellt werden kann - die Grundstruktur der DNS, der Desoxyribonukleinsäure, mittels derer sämtliche genetische Informationen gespeichert und weitergegeben werden. Sie besteht aus 4 Nukleotidbasen, Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin. Die vier Nukleotide treten jedoch nicht als selbständige molekulare Bausteine auf sondern ausschließlich als die Paare Adenin und Thymin sowie Guanin und Cytosin. Diese vier Bausteine, von ihrer inneren Logik her ein binäres System, sind in sogenannten Triplets angeordnet, den 64 „Grundworten“ oder „Codonen“, die den Bauplan sämtlicher Lebewesen bilden. Die verblüffende Isomorphie zwischen dem biochemischen Code und dem altchinesischen Orakelsystem wurde zuerst von der Tiefenpsychologin M. L.von Franz bemerkt, die ihre Beobachtungen im Jahre 1968 publizierte. Sie stellte fest, daß hier „ein Pattern, welches den Grundprozessen unseres Gedächtnisses, seiner Vererbung und damit des Substrates unserer ganzen Bewußtseinsprozesse zugrunde liegt, einerseits in China durch direkte Introspektion in die unbewußte Psyche und andererseits im Westen durch die genetische Forschung in der lebenden Zelle entdeckt wurde.“"/>
Texte zitiert aus: "Das Arbeitsbuch zum IGING" / R.L.Wing; Diederichs Verlag
50 x 60 cm
Acryl auf Leinwand